Viele deutsche Erfolgsboxer haben einen Migrationshintergrund. Einige sind Nachkommen der ersten Gastarbeiterwelle in den 60er- und 70er-Jahren, andere kamen nach der Wiedervereinigung aus osteuropäischen Ländern. Heute gibt es auch zunehmend großartige Boxer aus Kriegsgebieten wie Syrien und dem Irak. Auch Oktay Urkals Familie kam einst nach Deutschland, um hier eine neue Heimat zu finden. Man könnte von einer Erfolgsboxgeschichte über den Einwanderer aus der Türkei sprechen, wäre er nicht bereits in Berlin geboren worden. Dennoch dauerte es bis 1992, bis er die deutsche Staatsangehörigkeit erlangte.
Was macht Boxen für Einwanderer so attraktiv?
Beim Boxsport kommt es nicht darauf an, woher man kommt, sondern was man kann. Da es kein Mannschaftssport ist, gibt es auch keine Unterschiede zu anderen Spielern. Boxen ist außerdem ein sehr internationaler Sport und die Zuschauer sind gewohnt, dass Boxer aus unterschiedlichen Ländern im Ring stehen. Das sind schon mal gute äußere Voraussetzungen. Hinzu kommt, dass viele junge Einwanderer keine ausreichenden beruflichen Qualifikationen besitzen, um gleich einen Job zu finden. Bei Boxport zählt zunächst die körperliche Fitness, und für diese braucht man kein deutsches Abitur.
Auch hat Boxen immer noch den Nimbus des Unterdog-Sports. Hier können sozial Benachteiligte mit hartem Training ganz nach oben kommen und der Welt zeigen, was sie wirklich können.
Ein Beispiel war der deutsche Boxer Graciano Rocchigiani, dessen Eltern aus Italien stammten und nach dem Zweiten Weltkrieg nach Deutschland kamen. Der in Berlin geborene Box-Profi erlangte viele internationale Titel.
Ein anderes Beispiel ist der in Armenien geborene Artem Harutyunyan, der es im Leichtgewicht zu einer Bronze-Medaille für Deutschland bei den Olympischen Spielen 2016 brachte. Der Boxer Ismail Özen-Otto ist gebürtiger Kurde und wurde 2009 deutscher Meister.
Oktay Urkal selbst kommt aus einer großen Familie, hat drei Brüder und zwei Schwestern. Sein Glück war, dass Berlin eine große Boxszene hat und seine Brüder ihn schon, als er zehn Jahre alt war, zum Training mitnahmen.